Das Ampere

Das Ampere ist die Einheit des elektrischen Stromes. Aus Beobachtungen ist bekannt, daß durch einen fließenden Strom elektrischer Ladungsträger ein Magnetfeld entsteht. Dieses Magnetfeld wurde lange Zeit als Hilfsgröße für die Messung verwendet.

Die klassische Meßmethode besteht darin durch den Stromfluß in einer Spule ein gerichtetes, dem Strom proportionales Magnetfeld zu erzeugen. Befindet sich die Spule in einem zweiten Magnetfeld, das nicht achsenparallel zum Feld der Spule ausgerichtet ist, entsteht ein Drehmoment definierter Größe. Die resultierende Drehung wird durch eine Feder bis zum Gleichgewicht von mechanischer und magnetischer Kraft gebremst. Der Strom wird damit indirekt durch seine Kraftwirkung gemessen.

Strom und Spannung stehen durch das Ohm’sche Gesetz in Beziehung. Strommessungen können dadurch auf Spannungsmessungen zurück geführt werden. Über einen Widerstand erzeugt ein fließender Strom einen Spannungsabfall. Dieser Spannungsabfall kann auf direktem Wege gegen eine Referenzspannung gemessen werden.

Beide Verfahren können modifiziert werden insbesondere um den Strom-Meßbereich zu erweitern. Keines der üblichen Verfahren der Strommessung basiert jedoch auf der Definition des Stromes. Um das zu verdeutlichen sei hier zunächst die seit 1946 gültige Definition wiedergegeben.

Definition 1: Ein Ampere ist die Stärke eines konstanten Stromes, der, durch zwei parallele, geradlinige, unendlich lange und im Vakuum im Abstand von einem Meter voneinander angeordnete Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern je einem Meter Leiterlänge die Kraft 2 10 -7 Newton hervorruft.

Die experimentell bestätigbare Gleichung dazu lautet: (1) k = 2 10 -7 N A 2 (2) F = k I 1 I 2 l r Es wird das Phänomen der magnetischen Kraftentfaltung durch einen Stromfluß zum Zwecke der Definition verwendet. Allerdings haben weder die Definition noch deren mathematisches Pendant (2) einen praktischen Nutzen um daraus ein Meßverfahren abzuleiten. Wie kann man ausschließen, daß in dem einen Leiter nicht etwa 0,01A und in dem anderen 100A fließen? Nach der Definition sind die beiden fließenden Ströme unabhängig voneinander. Weder Definition noch Gleichung enthalten einen Hinweis auf eine Referenz an der der Strom in den beiden Leitern gemessen werden kann. Sie ist selbstbezüglich und damit unbrauchbar. Lediglich die Kraftwirkung durch das Magnetfeld, welches der Strom in den Leitern erzeugt, wird korrekt beschrieben.

Es gibt eine zweite Definition für den Strom. Danach hat ein Strom die Stärke von einem Ampere, wenn in einer Sekunde die Ladung von einem Coulomb durch einen Leiter fließt. Diese Definition ist auch nicht brauchbar, um eine Meßvorrichtung daraus abzuleiten. Ladungen können nicht gezählt werden. Das wäre aber die Voraussetzung, weil die Ladung von einem Coulomb ein Vielfaches der Elementarladung ist.

Die Elementarladung liefert dennoch einen Anhaltspunkt, um das Problem der Selbstbezüglichkeit der Definition des elektrischen Stromes zu lösen. Es gibt eine auf der Elementarladung basierende Bestimmungsgleichung der elektrostatischen Kraft. Sie lautet F = q E . Diese Gleichung enthält ebenfalls einen logischen Fallstrick. Im Laufe der Zeit entstand daraus die Ansicht, daß die Elementarladung ein Äquivalent zur mechanischen Masse ist. Die elektrische Feldstärke muß demnach in der Beschleunigung ihr Pendant haben. Die resultierende elektrostatische Kraft ist aber hiernach identisch mit der Gewichtskraft. Die Gewichtskraft bildete im Millikan-Versuch die Gegenkraft zur elektrostatischen Kraft. Da Feld und Ladung nur äquivalent zu Beschleunigung und Masse sind, die resultierenden Kräfte jedoch identisch sein sollen, entsteht hier eine angreifbare Schlußfolgerung. Äquivalent ist nicht Identität. Dieses logische Problem tritt bei allen Betrachtungen auf, bei denen elektrische mit mechanischen Größen in Verbindung gebracht werden. Aus Größen der Elektrostatik wird auf mechanische Größen gefolgert. Da sich der elektrische Strom aus Ladungen zusammensetzt, fange ich bei der Ladung an. Ich gehe von folgenden Voraussetzungen aus:

Prämisse 1: Die Ladung hat keine aus ihren Eigenschaften heraus logisch begründbare Äquivalenz zur Masse. Die Äquivalenz wird lediglich aus ihrer Kraftwirkung auf andere Ladungen gefolgert. Diese Folgerung ist zumindest nicht die einzig mögliche.
Prämisse 2: Die Ladung vereinigt eine oder mehrere mechanischen Eigenschaften auf sich, die die Identit ät der elektrostatischen und der mechanischen Kraft logisch schlüssig aus diesen Eigenschaften erlauben.

Den Ansatz zur Lösung dieser Aufgabe bietet nicht die Ladung sondern die Definitionsgleichung (2) mit den geschilderten Problemen. Es ist durch die Mathematik erlaubt einen Teil der Gleichung (2) abzutrennen und durch eine andere Variable zu substituieren. B = k I 1 r (3) F = B I 2 l Das Formelzeichen der magnetischen Flußdichte ist hier nicht von ungefähr gewählt. Die Definitionsgleichung kann problemlos aus der Gleichung der Lorentzkraft abgeleitet werden. Die Lorentzkraft ist eine Kraft, die auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem homogenen, senkrecht zum Leiter ausgerichteten Magnetfeld wirkt. Dieses Magnetfeld kann natürlich durch einen Strom erzeugt werden — insbesondere durch einen Strom in einem zweiten parallelen Leiter.

Die Definition und (3) implizieren sofort die Einheit N m für den Strom. Die magnetische Flußdichte muß ein dimensionsloser Proportionalitätsfaktor sein, wenn man vermittels der Gleichung und der angenommenen Einheit eine Kraft berechnen will. Aus der implizierten Einheit des Stromes und der Einheit der Kraft können ohne weitere Annahmen andere Einheiten für die Größen der Elektrodynamik abgeleitet werden.

Größe Einheit Definition ins MKS-System Bedeutung
Tabelle 1: Die intuitiv in das MKS-System umdefinierten elektrischen und magnetischen Größen
Strom (I) A kg s 2 Oberflächenspannung
Stromdichte (J) A m 2 kg m 2 s 2 Kraftdichte
Energiestromdichte (S) V A m 2 kg s 3 normierte Leistung
Ladung (Q) A s kg s Massestrom
spezifische Ladung (QS) A s kg 1 s Aktivität
elektr. Feldstärke (E) V m m s Geschwindigkeit
elektr. Dipolmoment (p) A s m kg m s Impuls
Spannung (U) V m 2 s kinem. Viskosität
Kapazität (C) A s V kg m 2 Flächenlast
Widerstand (R) V A m 2 s kg reziproke Scherung
magn. Fluß (Φ) V s m 2 Fläche
magn. Flußdichte (B) V s m 2
magn. Feldstärke (H) A m kg m s 2 Druck
magn. Dipolmoment (m) A m 2 kg m 2 s 2 Energie
Permeabilität (μ) V s A m m s 2 kg Kompressibilität
Induktivität (L) V s A m 2 s 2 kg reziproke Kraftdichte

Diese Änderung der Einheit ist aus mathematischer Sicht unbedeutend. Eine korrekt durchgeführte Substitution ändert an der Korrektheit des mathematischen Gerüstes nichts. Es wird keine Inkonsistenz auftreten. Alle Einheiten sind nach der Mechanik des Kontinuums gedeutet. Ausgenommen davon ist die spezifische Ladung Q S . Ihre Einheit ist Bestandteil der Quanten- und der Kernphysik. Das ist nicht von der Hand zu weisen, weil in Kernreaktoren und Teilchenbeschleunigern nichts anderes als Kontinuen untersucht werden1. Die umdefinierten Einheiten verbinden in idealer Weise beide Gebiete miteinander. Macht diese Substitution auch einen physikalischen Sinn? Diese Frage ist im Weiteren zu untersuchen.

Die logische Unzulänglichkeit aus der Bestimmungsgleichung der elektrostatischen Kraft hat sich vollständig aufgelöst. Wenn eine Ladung einen Massestrom darstellt, ist die Quelle von Ladungsträgern ebenfalls ein Massestrom. Das Produkt aus einem Massestrom und seiner Bewegungsgeschwindigkeit ergibt die Kraft des Rückstoßes. Die logische Konsistenz wirkt sowohl auf die Ladungsträger-Quelle — Ladungsträger sind Masse behaftet — als auch auf die resultierende magnetische Kraftwirkung aus. Sie resultiert aus einer Strömung.

Die Flächen in den Einheiten der elektrischen Größen sind immer die Querschnittsflächen des Leitungsweges. An dieser ganz klassischen Auffassung ändert sich nichts. Für die Flächen in den Einheiten der magnetischen Flußgrößen kann das nicht zutreffen. Der magnetische Fluß beruht zwar auf einem Stromfluß, entfaltet seine Wirkung aber immer senkrecht dazu. Wenn die magnetischen Größen schon Einheiten der Kontinuumsmechanik tragen ist es nicht abwegig anzunehmen, daß es sich bei der Fläche um die aktive Fläche — eine Größe der Kernphysik basierend auf der geometrischen Wahrscheinlichkeit eines Stoßes — einer Strömung innerhalb eines Kontinuums handelt. Nach der Umdeutung beschreibt die Elektrodynamik nichts anderes als die Wechselwirkungen zweier Kontinuen weil die Einheiten genau das aussagen.

Um die Richtigkeit der Umdefinition ein erstes Mal zu belegen, wird die Grenzgeschwindigkeit der Energieausbreitung in Kontinuen heran gezogen. Sie ist in der Thermodynamik gegeben durch die Schallgeschwindigkeit: (4) c = p ρ Parallel dazu wird die Lichtgeschwindigkeit in der Elektrodynamik durch die beiden Flußkonstanten des Vakuums festgelegt. Die Einheiten dieser beiden Konstanten wurden ebenfalls der Umdefinition unterzogen. (5) μ 0 = 4 π 10 -7 m s 2 kg (6) ε 0 = 8,854187818 10 -12 kg m 3 (7) c = 1 ε 0 μ 0 Durch die Umdefinition sind (4) und (7) jetzt kongruent. Sie tragen die gleichen Einheiten und beschreiben das gleiche Phänomen. Lediglich das Medium muß ein anderes sein, da nur das Vakuum Informationen mit Lichtgeschwindigkeit jedoch nicht in Form von Schall übertragen kann. Aber warum ist die Konstante μ 0 eine Kompressibilität? Nun ja, der reziproke Wert eines Druckes ist gerade als Kompressibilität definiert.